Path-Tracing: Auf dem Weg zur lebensechten Games-Grafik

Portal RTX/Screenshot: TURN ON
Das „Overdrive“-Update von „Cyberpunk 2077“ hat so einige Kinnladen runterklappen lassen. Mit diesem Update übernimmt Raytracing die gesamte Lichtsimulation des Spiels – und heißt dann Path-Tracing. Auch Klassiker wie „Half-Life“, „Minecraft“ und „Quake 2“ gibt es inzwischen als Path-Tracing-Versionen. Hier erfährst du, was es mit der revolutionären Grafiktechnologie auf sich hat.
Path-Tracing: So funktioniert das Super-Raytracing
Nvidia bezeichnet Path-Tracing alternativ als Full Raytracing, also als vollständiges Raytracing. Und das ist vielleicht die sinnvollste Definition, denn Games mit Path-Tracing nutzen die Lichtsimulation Raytracing nicht nur für einzelne Effekte, sondern für die gesamte Beleuchtung und entsprechend auch für alle Spiegelungen und Schatten. Das heißt, dass die Entwickler keine Tricks und Illusionen mehr einsetzen müssen: Das Licht verhält sich mehr oder weniger genauso wie im echten Leben.
Path-Tracing berechnet den Weg der Lichtstrahlen vom Betrachter aus zum Objekt, von dort aus zum nächsten Objekt und so weiter – maximal bis zur Lichtquelle wie einer Lampe oder der Sonne. Die Zahl der Bounces (Abpraller) bestimmt, wie viele Reflexionen pro Lichtstrahl ermittelt werden. Genau so, nur in umgekehrter Richtung, verhalten sich Lichtstrahlen in der Realität. Sie prallen von Objekten ab, und die Objekte beeinflussen die Farbe der Lichtstrahlen.
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TURN ON
Wenn Licht ein Objekt direkt anstrahlt, nennt man das direkte Beleuchtung. Wenn Licht von einem Objekt abprallt und ein anderes Objekt anstrahlt, spricht man von indirekter Beleuchtung. Die Objekte, an denen das Licht abprallt, absorbieren bestimmte Lichtfarben und geben andere wieder ab – indirekte Beleuchtung ist daher wichtig für eine realistische Lichtstimmung. Direkte Beleuchtung können Entwickler auch mit herkömmlicher Grafikberechnung recht gut umsetzen, Path-Tracing ist der Spezialist für indirekte Beleuchtung.
Beispielsweise ist Meerwasser blau, weil tiefes Wasser die meisten Farben des Sonnenlichts verschluckt und nur noch Blau reflektiert. Die blauen Lichtstrahlen prallen am Wasser ab und beleuchten wiederum Objekte im Wasser wie Schiffe – daher haben sie an ihrem Rumpf einen bläulichen Schimmer. Je nach Art der Beleuchtung, der Beschaffenheit des Bodens und des Inhalts kann Wasser auch grün aussehen.

Quake 2 RTX/Screenshot: TURN ON
Das Licht in bisherigen Videospielen wirkt unnatürlich. Das liegt daran, dass es sehr schwierig und rechenintensiv ist, all diese Lichtbrechungen und das Abprallen von Lichtstrahlen durch optische Tricks zu erzeugen.
So erlebe ich Path-Tracing-Spiele
Path-Tracing stellt höchste Anforderungen an die PC-Hardware. Wie die meisten PC-Gamer hat mein Rechner keine über 1.700 Euro teure Nvidia RTX 4090 – die optimale Grafikkarte für diesen Zweck. Aber: Meine übertaktete AMD Radeon RX 6800 gepaart mit dem Prozessor AMD Ryzen 5 7600X und der rasanten SSD Western Digital Black SN850X genügten, um mir einen Eindruck von einigen Path-Tracing-Spielen zu verschaffen.
Konkret habe ich „Portal RTX“, „Quake 2 RTX“ und „Minecraft RTX“ ausprobiert. Die Performance von „Portal RTX“ war mit der AMD-Karte sehr gering, aber auch in Beinahe-Zeitlupe macht Path-Tracing mächtig Eindruck. Ich würde das Spiel allerdings nicht mit dieser geringen Leistung durchspielen wollen – dafür bräuchte es eine stärkere Grafikkarte. Je mehr Strahlen losgeschickt werden und je öfter sie an Objekten abprallen, desto mehr Rechenpower ist für die Path-Tracing-Berechnung erforderlich.

Quake 2 RTX/Screenshot: TURN ON
Eine mit Path-Tracing beleuchtete Spielwelt sieht grundlegend anders aus als ein mit herkömmlichen Tricks zusammengebasteltes Setting: Licht, Spiegelungen und Schatten wirken natürlich, breiten sich organisch über die Spielwelt aus und reagieren dynamisch auf sich bewegende Objekte. Kurz gesagt sieht die Path-Tracing-Beleuchtung genauso aus wie das Licht in der echten Welt. Ich wüsste nicht, wie es noch realistischer wirken könnte.
Mir hat es für Demozwecke besonders die Karte „Medieval RTX“ von Nvidia für „Minecraft RTX“ angetan. Hier scheint die Sonne auf ein mittelalterliches Dorf. In den Gebäuden lässt sich der Schein von Fackeln bewundern, der sich auf den Tischen spiegelt.
Auf den Ego-Shooter „Quake 2“ von 1997 hat Path-Tracing eine transformative Wirkung – obwohl sich nur die Beleuchtung geändert hat, wirkt das Spiel beinahe wie ein brandneuer Sci-Fi-Shooter mit modernster Grafik. Dazu passt auch die für einen Uralt-Shooter niedrige, aber noch gut spielbare Framerate von 40 bis 50 FPS mit meiner AMD RX 6800.

Minecraft RTX/Screenshot: TURN ON
Zuletzt ein wichtiger Hinweis: Leider lässt sich Path-Tracing anhand von Screenshots und selbst in Videos nur sehr bedingt einschätzen. Der Sinn der Technologie besteht darin, dass Licht in Echtzeit berechnet wird, dabei realistisch wirkt und dynamisch auf die Objekte in der Spielwelt reagiert. Darum kann ich nur empfehlen, Path-Tracing-Games selbst auszuprobieren.
Diese Path-Tracing-Spiele gibt es
Für Path-Tracing-Spiele empfehle ich eine mächtige Grafikkarte mit viel Videospeicher ab 12 GB, die vor allem mit guter Raytracing-Leistung punktet. Unter den aktuellen GPUs fangen meine Tipps bei der Nvidia RTX 4070 an, für zukünftige Titel rate ich eher zur RTX 4080, wobei die RTX 4090 die zurzeit beste Karte für Path-Tracing ist.
- „Cyberpunk 2077“: Der Overdrive-Modus nutzt Path-Tracing für die Beleuchtung des ohnehin grafisch aufwendigen Sci-Fi-Actionspiels. Ein optisches Fest, das eine enorme Grafikleistung erfordert.
- „Portal RTX“: Der Strategieklassiker „Portal“ rund um geschickt anzuordnende Portale wurde ganz in Path-Tracing-Strahlen getaucht. Die Entwickler haben außerdem weitere Aspekte der Grafik aufgefrischt, darum ist auch „Portal RTX“ ein echter Grafikkarten-Leistungsfresser.
- „Minecraft RTX“: Das Aufbauspiel mit Klötzchen-Pixelgrafik hat als eines der ersten Games die vollständige Path-Tracing-Behandlung bekommen.
- „Quake 2 RTX“: Der Ego-Shooter-Klassiker sieht dank Path-Tracing-Beleuchtung fast wie ein neues Spiel aus.
- „Half-Life“: Die Mod „Half-Life Ray Traced” taucht das Urgestein unter den Story-getriebenen Ego-Shootern in feinste Strahlengrafik.
- „Doom“: Die Mod „PrBoom: Ray Traced” verwandelt das erste „Doom“ in ein Path-Tracing-Ausstellungsstück.

Minecraft RTX/Screenshot: TURN ON
Darum ist Path-Tracing die Zukunft der Spielegrafik
Path-Tracing hat neben dem Showeffekt für die Gamer weitere Vorteile – und zwar auf Entwicklerseite. Die Spielemacher müssen keine für den Spieler unsichtbaren Lichtquellen in den Leveln verteilen, damit der Lichteinfall möglichst glaubwürdig aussieht. Sie müssen auch keine Schatten und Spiegelungen mehr mithilfe von Tricks und Effekten simulieren.
Sie arbeiten nur noch mit physischen Lichtquellen, die für den Spieler sichtbar sind, etwa mit Lampen, dem Mond und der Sonne. Path-Tracing übernimmt die gesamte Lichtberechnung. Es gibt nur noch einen Effekt, nur noch eine Methode für die Lichtsimulation. Es ist eine unglaubliche Vereinfachung. Die Entwickler müssen lediglich überlegen, welche Lichtquellen sie wo platzieren möchten – das war‘s.
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Nvidia GeForce
Mit solchen Tricks haben Entwickler bislang indirekte Beleuchtung vorgetäuscht:
- Lightmaps: Entwickler kleben eine Textur, also eine farbige Oberfläche, auf ein Objekt, die so aussieht, als würde eine Lichtquelle das Objekt indirekt beleuchten. Das Problem: Wenn sich die Position der Lichtquelle ändert, sich das Objekt bewegt oder ein anderes Objekt in den Weg gerät, geht die Illusion verloren. Ein Beispiel: Ein Stein mit Lightmap sieht immer von derselben Seite gelb beleuchtet aus. Heute noch kommen Lightmaps in Spielen wie „The Last of Us Part II“ zum Einsatz – bevorzugt für statische Objekte und Lichtquellen, die sich nicht bewegen.
- Ambient Color: Entwickler machen den Farbton von Texturen vom Zustand der Umgebung abhängig. Beispielsweise sehen Schatten in der Mittagssonne dunkler aus als am Abend. Texturen näher am braunen Boden haben einen bräunlicheren Farbton, ohne wirklich indirekt beleuchtet zu werden. Diese Lösung ist eine grobe Annäherung und viel weniger detailliert als Lightmaps. Dafür funktioniert Ambient Color mit sich bewegenden Objekten.
- Cubemaps: Sechs virtuelle Kameras nehmen die Umgebung aus der Perspektive eines Objekts in der Spielwelt auf. Die Bilder werden auf das Objekt projiziert. Das Ergebnis wirkt, als würde sich die Umgebung auf dem Objekt spiegeln. Die Spiegelungen ändern sich sogar je nach Position des Betrachters.
Allerdings zeigen Cubemaps nicht das, was der Spieler aus seiner Perspektive sehen müsste. Auf den ersten Blick erscheinen Cubemaps wie indirekt beleuchtete Objekte, aber auf den zweiten Blick wirkt meistens etwas falsch. Cubemaps können sowohl statisch als auch dynamisch eingesetzt werden: In Rennspielen etwa wird die Umgebung immer wieder neu auf den Autos gespiegelt.
Und Path-Tracing? Das berechnet Licht ungefähr so, wie es sich in der echten Welt verhält.
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Digital Foundry
Fazit: Path-Tracing ebnet den Weg zu lebensechten Spielwelten
Sind Path-Tracing-Spiele nicht mehr von der Realität zu unterscheiden? Mit solchen Aussagen bin ich vorsichtig geworden. Denn schon beim Anblick von „Gran Turismo“ für die erste PlayStation-Konsole fragte ich mich im Jahr 1998, wie viel realistischer Spiele noch aussehen können. Ein Vierteljahrhundert später ist mir klar, dass es heute noch viel Luft nach oben gibt. Die neuesten Grafikkracher können unser Urteil trüben.
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Außerdem gehört zur Grafik mehr als Licht. Insbesondere die realistische Animation von menschlichen Gesichtern ist weiterhin eine größere Herausforderung. Geht es aber „nur“ um Beleuchtung, Spiegelungen und Schatten, kann ich Nvidias Einordnung gut nachvollziehen: Der Grafikkartenhersteller nennt Path-Tracing einen „großen Durchbruch“ auf dem Gebiet der Echtzeitgrafik.
Wie die überarbeiteten Versionen von Oldies wie „Portal“, „Minecraft“, „Half-Life“ und „Quake 2“ gezeigt haben, sehen Spiele dank Path-Tracing lebensechter aus. Dabei haucht die Technologie auch Klassikern neues Leben ein. So kommen mehr Gamer in den Genuss von Path-Tracing und nicht nur diejenigen, welche die neuesten Spiele auf leistungsstarken Rechnern zocken können. Videospielen geht endlich ein (echtes) Licht auf.
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